Im ersten Projektjahr lagen Betriebe, die in der Vergangenheit auf Solawi umgestellt hatten, im Forschungsfokus. Um die Umstellung auf Solawi besser verstehen und dadurch gezielt fördern zu können, wurden (1) der Status-Quo in Deutschland deskriptiv ausgewertet und (2) zehn Interviews mit Umstellungsbetrieben geführt.
Ausgewählte Ergebnisse aus der Status-Quo Analyse
Seit 2010 hat die Zahl der Solawi-Betriebe in Deutschland exponentiell zugenommen, wobei vor allem Solawis als Gartenbau- und Mischkulturbetriebe entstanden sind. Von den 451 Betrieben, für die entsprechende Daten verfügbar waren, konzentrierten sich 53,13 % auf Gartenbau, gefolgt von 26,45 % Mischkulturen und 8,82 % Ackerbaubetrieben. Alle anderen Agrar-Kategorien waren kaum vertreten.
Ausgewählte Ergebnisse aus den Interviews
Zwischen Sommer und Herbst 2023 wurden 10 Interviews mit landwirtschaftlichen Betrieben geführt, die in der Vergangenheit auf Solawi umgestellt hatten. Primäres Ziel der Interviews war es, die Entscheidung eines Betriebes für eine Umstellung besser verstehen zu können und den nachfolgenden Umstellungsprozess explorativ zu untersuchen. Ein Fokus lag dabei auf der Analyse von (1) typischen Auslösern der Umstellung, (2) vergleichbaren Umstellungsschritten oder auch -pfaden sowie (3) Motiven und Hürden.
Auslöser
Neun von zehn Betrieben nannten akute finanzielle Engpässe sowie die Suche nach einem neuen finanziellen Standbein als Auslöser für die Umstellung. Zudem waren innere Wertekonflikte durch eine Unzufriedenheiten mit dem Agrarsystem, die zunehmende Sorge um die Klima- und Biodiversitätskrise und der Wunsch nach einem Bewusstseinswandel der Verbrauchenden zentral. Bei fünf von zehn Solawis gab es spezifische externe Auslöser durch Kund:innen des Hofladens, Gründungsinitiativen oder Multiplikator:innen. Frauen waren bei der Mehrheit der Betriebe die treibende Kraft.
Pfade
In den Interviews wurden typische Schritte und Vorstufen der Umstellung deutlich. Die meisten Landwirt:innen beschrieben, dass sie ihren Betrieb vor der Umstellung auf Solawi auf ökologischen Anbau umgestellt hatten. Alle hatten als Vorstufe mit anderen Formen der Direktvermarktung (z.B. Hofläden, Marktstände, Abokisten) experimentiert. Zu Beginn des Umstellungsprozesses wurde zunächst das Mitgliederpotenzial in der Region ermittelt und zu Informationsveranstaltungen eingeladen. Erst danach wurden, je nach Betriebsstruktur, neue Betriebszweige (u.a. Gartenbau, Käserei, Bäckerei) aufgebaut. Gleichzeitig wurden bürokratische und organisatorische Aufgaben, wie z.B. die Erstellung einer Vollkostenrechnung sowie Aufgaben der Mitgliederverwaltung bewältigt. Wurden alle Schritte erfolgreich durchlaufen, starteten die Landwirt:innen in ihre erste Solawi-Saison.
Motive
Das feste monatliche Einkommen und die damit verbundene Planungssicherheit auch bei Ernteausfällen war für fast alle Betriebe ein zentrales Motiv. Auf der normativen Ebene wurden vor allem gesellschaftspolitische und ökologische Aspekte benannt. Einige Landwirte integrierten Bildungsarbeit auf ihrem Hof, um das Bewusstsein für regionale und ökologische Landwirtschaft zu stärken. Zudem wurde der Wunsch betont, Einfluss auf die Politik zu nehmen und durch die eigene Arbeit etwas zum Klima- und Biodiversitätsschutz beizutragen. Die Freude mit den Mitgliedern und die Wertschätzung und Anerkennung der eigenen Arbeit durch diese gab den Landwirt:innen einen persönlichen Sinn.
Hürden
Alle Betriebe nannten das Mitgliederpotential in der Region als Hauptunsicherheitsfaktor. Darüber hinaus wurden Fachkräftemangel, insbesondere bei Gemüsegärtnern, Flächenverfügbarkeit, bürokratische Hürden und fehlende finanzielle Unterstützung hervorgehoben. Auf organisatorischer Ebene waren Lock-in-Effekte und ein daraus resultierender Mangel an finanziellen Ressourcen, einschließlich Schulden, die Hauptprobleme. Die geringe Betriebspassung auf das Solawi Konzept und die Notwendigkeit neue Betriebszweige (z.B. Gemüseanbau) aufzubauen wurde mit Risiken verbunden. Die meisten Hürden können nicht durch die Betriebe allein bewältigt werden. Insbesondere die Erhöhung des Mitgliederpotentials, der Abbau von bürokratischen Hürden und der Aufbau von finanziellen Unterstützungsprogrammen sind zentrale Hebel zur Förderung der Diffusion von Solawis.