Solawi Wisserland

Die Betriebsportraits der Umstellungs-Solawis sind in Kooperation des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft e. V., der Universität Siegen und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung – UFZ im Rahmen des BMBF geförderten Projektes SolaRegio entstanden. Hier finden Sie die Broschüre mit allen Betriebsportraits:

Warum Solawi?

Seit der Übernahme des elterlichen Hofes hatte Sebastian die Vision, die kleinbäuerliche Landwirtschaft zu erhalten.
 
Über Sebastian Müller:
Sebastian hat den Hof Schützenkamp 2004 von seinen Eltern als vorzeitiges Erbe übernommen. Bevor er Vollerwerbslandwirt wurde, hat er die Ausbildung sowie seinen Meister im Gartenbau gemacht. Gemeinsam mit seiner Frau Meike gründete er die Solawi Wisserland, um die gemeinsame Vision einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft mit möglichst großer Vielfalt umzusetzen und den Hof weiter für die Menschen aus der Region zu öffnen.
 
Wie sah der Betrieb früher aus?
Der Hof Schützenkamp war in den letzten Generationen ein Nebenerwerbsbauernhof. Bis in die 1970er-Jahre war es ein Milchviehbetrieb mit ca. 15 Milchkühen. Auf 14 ha Eigentum wurden Getreide, Futter und Kartoffeln angebaut und konventionell vermarktet. 2004 hat Sebastian den Betrieb von seinem Vater übernommen.
 
Wie wurde vermarktet?
Sebastian hat den Betrieb direkt nach der Übernahme zunächst im Nebenerwerb als Mutterkuhbetrieb fortgeführt. 2016 hat er auf Euro-Bio umgestellt und mit dem Gemüseanbau begonnen. Das Gemüse wurde an einen Markthändler verkauft, der es auf Wochenmärkten in der Region angeboten hat. Zusätzlich wurden pro Jahr ca. 2-3 Tiere geschlachtet und privat vermarktet. Die Absetzer wurden an Mäster verkauft.
 
Erste Schritte
Seit 2018 denken Sebastian und Meike darüber nach, wie ein stimmiges Konzept für den Hof Schützenkamp aussehen könnte. Einen kleinen, vielseitigen Hof so aufzustellen, dass er sich betriebswirtschaftlich trägt, stellt bis heute eine Herausforderung für die beiden dar. Neben dem Gemüseanbau für die Solawi und der Mutterkuhhaltung gab es auf dem Hof noch Getreideanbau und Grünland sowie einen Streichelzoo mit Tieren, die aus der Not ihrer bisherigen Halter aufgenommen wurden.
Im Sinne des lebendigen Hoforganismus kam es für Sebastian und Meike nicht in Frage, einzelne Betriebsteile aufzugeben. Die Tiere sollten ein Teil des Hofes bleiben, mit der Vision, dass alles zusammen ein Ganzes ergibt.
Zunächst suchte das Paar nach einer Idee, wie sie das Gemüse anders als über den Wochenmarkt vertreiben könnten. Sie diskutierten in kleiner Runde mit einigen Freunden verschiedene Ideen, hier sprachen sie zum ersten Mal über das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft und holten
sich Informationen dazu ein. Als nächsten Schritt vereinbarten sie ein Treffen mit einem Berater des Solawi-Netzwerks. Schnell wurde Sebastian und Meike klar, dass das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft ihrer Vision eines Hofes, der einer Gemeinschaft offensteht, gut entsprechen würde, auch wenn sich diese Gemeinschaft noch finden und bilden
musste. 2019 starteten sie dann zunächst mit 20 Ernteanteilen in ihre erste Solawi-Saison. Im alten Stall entstand der Solawi-Raum und langsam entwickelten sich immer mehr Strukturen rund um die Solawi. Jahr für Jahr wurden neue Solawisti durch Informationsveranstaltungen, Aktionstage auf dem Hof und persönliche Empfehlungen gewonnen. 2024 ist die Solawi Wisserland fast bei ihrer maximalen Anzahl von 130 Ernteanteilen angekommen. Diese werden auf 6000 m2 angebaut und können an drei Abholpunkten sowie am Hof abgeholt werden. Mit der Waldorfschule Gummersbach – an der Sebastian seit 2023 als Gartenbau- und Tierpflegelehrer tätig ist – gibt es erste gemeinsame Projekte. Schüler verschiedener Waldorfschulen verbringen ihr dreiwöchiges Landwirtschaftspraktikum in der 9. Klasse bei Meike und Sebastian auf dem Hof und die ersten Woofer waren in diesem Jahr Teil ihrer bunten Patchwork-Großfamilie.
 
Vision
Für die Solawi streben Sebastian und Meike an, die 130 Ernteanteile konstant zu halten. Außerdem würden sie gerne mit weiteren Betrieben und Einrichtungen in der Region kooperieren. Ihre Vision ist es, Solidarische Landwirtschaft mit Sozialer Landwirtschaft zu kombinieren und durch handlungspädagogische Ansätze den Hof zu einem Lern- und Begegnungsort für ihre Solawisti sowie für viele Menschen in der Region zu machen.
Seit 2021 hat die Solawi Wisserland eine FöJ-Stelle, die zukünftig auch inklusiv besetzt werden soll. In einem ersten Projekt mit der Uni Witzenhausen haben Meike und Sebastian Ideen zum Thema Soziale Landwirtschaft entwickelt, die jetzt darauf warten, umgesetzt zu werden.

Stand: Q4/2024